Trailer der Inszenierung zur Ankündigung der Theateraufführung online stellen – ist das zulässig?

Theatermacher*innen haben ein Interesse daran, ihre Aufführungen zu filmen und Ausschnitte des Gefilmten zur Bewerbung der Vorstellung ins Internet zu stellen. Dabei sind folgende mögliche Rechte Dritter zu beachten:

  1. Urheberrechte vorallem an Text, Musik und Inszenierung vgl. §§ 16, 17, 19 a UrhG
  2. Leistungsschutzrechte der Künstler*innen (z.B. Darsteller*innen, ggf. Regisseur*innen, wenn diese nicht Urheber*innen sind), vgl. §§ 77, 78 UhrG
  3. Leistungsschutzrechte des Veranstalters, sofern nicht der Veranstalter den Trailer ins Internet stellt, vgl. § §81, 77, 78 UrhG.

Das Theater muss sich für die Bewerbung der Inszenierung die Rechte der Künstler_innen  einholen. In der NV-Bühne ist die Rechtseinräumung teilweise geregelt (insbesondere für Darsteller_innen). Bei den übrigen Vertragsbeziehungen (Musiker_in, Autor_in etc.), muss die Einräumung der Rechte explizit geregelt werden. 

Die überwiegenden Probleme ergeben sich in der Praxis hinsichtlich der Urheberrechte. Die nachfolgende Ausführung beschränkt sich somit auf das Sprach – und Musikwerk der Aufführung, die aufgenommen und anschließend gekürzt als Ankündigung der Aufführung ins Internet gestellt wird. Die nachfolgenden Ausführungen gelten jedoch überwiegend auch für die leistungsschutzberechtigten Künstler*innen sowie weiteren Urheber*innen (Bühnenbilder*innen, ggf. Regisseur*innen etc.).

Vorweg: Das Problem mit der GEMA

Die Theatergruppen berichten insbesondere, dass die Einholung der Musikrechte bei der Gema ein großes organisatorisches sowie finanzielles Problem darstellt.Der Trailer wird von der Gema wie ein Film behandelt, sodass die Gema die Zustimmung des Urhebers des Musikstückes verlangt. Die Gema räumt die Rechte für die öffentliche Zugänglichmachung eines Trailers demnach nicht ohne Zustimmung des Musikurhebers ein (sog. Filmherstellungsrechte). Bei der Einräumung des sog. Filmherstellungsrechtes steht dem Urheber ein sog. Einspruchsrecht zu (Einräumung der Rechte unter der auflösenden Bedingung, vgl. § 1i Abs. 1 GEMA-BV).  Ein Videoherstellungsrecht gibt es nicht. Für Fernsehproduktionen gilt die auflösende Bedingung ebenfalls nicht. Zweifelhaft ist, ob es sich bei dem Ankündigungstrailer um einen Film im Sinne des Filmherstellungsrechts handelt. Für die Einräumung der Musikrechte ergibt sich dadurch ein zusätzlicher Aufwand.

Unabhängig davon stellt sich die Frage, ob es eine Möglichkeit gibt, die den Trailer zur Bewerbung der Aufführung ohne Genehmigung der Urheber für Text und Musik einzuholen.

Im Einzelnen:

Zu überlegen ist, ob sich die Einräumung der für die Bewerbung notwendigen Rechte aus der Zweckübertragungslehre gemäß § 31 abs. 5 S. 2 UrhG herleiten lässt. Nach dem Gedanken der Zweckübertragung räumt der Urheber seine Rechte nur in dem Umfang ein, der für die Erreichung des Vertragszweckes notwendig ist. Es stellt sich demnach die Frage, ob die Bewerbung der Aufführung zur Erreichung des Vertragszweckes notwendig ist. Dies würde dazu führen, dass das Aufführungsrecht auch das Recht umfasst, Aufführungen auf Ton- oder Bild- Tonträger aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen zum Zweck der Realisierung der Aufführung auf im Rahmen der öffentlichen Zugänglichmachung im Internet zu nutzen. Nutzungsrechte an einem Aufführungsrecht einzuräumen, ohne deren Bewerbung zuzulassen, verfehlt die Einräumung des Nutzungsrechts am Aufführungsrecht. Dementsprechend vertritt Herr Rolf Bolwin die Auffassung, dass davon auszugehen sei, dass das genannte Nutzungsrecht eingeräumt wird und mit der für die Aufführung gezahlten Vergütung abgegolten ist, vgl. Bolwin, Rolf, Das Theater und das Urheberrecht in der täglichen Praxis, ZUM 2015 – 963.  Höchstrichterliche Rechtsprechung ist zu diesem Thema nicht ergangen.

Des Weiteren wird bei der Bewerbung von Werken auf die Ausführungen des BGHs in der sog. Parfümflacon Entscheidung vom 4. Mai 2002 – Aktenzeichen: I ZR 256/97 verwiesen,  vgl. auch Kommentierung Kommentar Fromm/Nordemann, Kommentar Urheberrecht, § 31 Rn. 64. In Parfümflacon Entscheidung wurde die Wiedergabe des Flakons in dem Verkaufsprospekt der Beklagten nicht als Urheberrechtsverletzung eingestuft, weil die Zustimmung des Berechtigten zum Vertrieb der Flakons auch eine werbliche Ankündigung mit umfasst. Der BGH hat in der Entscheidung festgehalten, dass – selbst wenn nicht explizit vereinbart – davon auszugehen ist, dass bei der Einräumung der Nutzungsrechte auch ein Recht zur Bewerbung mit eingeräumt wird. Sollten die Grundsätze der Parfümflacon Entscheidung auf die Bewerbung von Inszenierungen anwendbar sein, dann müsste sich das Theater lediglich die Aufführungsrechte einräumen lassen. Die Rechte zur Bewerbung der Inszenierung, insbesondere das Recht die Inszenierung zu filmen und dann online zu stellen, müsste dann nicht explizit eingeräumt werden. Leider liegt keine Entscheidung zur Bewerbung von Inszenierungen vor.

Für die Bewerbung des Filmes scheint sich dieses Problem mit der anstehenden Urheberrechtsreform zu erledigen. Demnach sieht der aktuelle Entwurf vor, dass der Film ohne weitere Einräumung von Nutzungsrechten beworben werden darf, vgl. § 58 UrhG. § 58 UrhG galt bisher insbesondere für Werke in Ausstellungen. Bei Ausstellungen durfte zur Bewerbung der Ausstellung das Kunstwerk wiedergegeben werden. Leider bezieht sich die anvisierte Änderung des § 58 UrhG zwar auf Filmwerke, aber nicht auf Musik- und Sprachwerke.

Fazit: Die Frage, ob bei einer Bewerbung der Aufführung die Rechte von dem Urheber  – neben den Aufführungsrechten – gesondert eingeholt werden müssen, lässt sich bis zum Vorliegen einer gerichtlichen Entscheidung nicht eindeutig beantworten. Aus der Praxis ist mir bekannt, dass Gruppen in der Vergangenheit von der Gema aufgefordert wurden, sich die Nutzungsrechte für die Bewerbung der Inszenierung einzuholen. Leider wurde es bei der aktuellen Urheberrechtsreform versäumt, die zulässige Bewerbung nach § 58 UrhG auch für den Bereich des Theaters zu regeln. Rechtssicherheit kann demnach nur durch eine gerichtliche Entscheidung erzielt werden.

Weitere rechtliche Relevanz im Zusammenhang mit der Aufnahme der Inszenierung….

  1. Öffentlichkeitsarbeit: Die vorherigen Ausführungen beziehen sich lediglich darauf, dass eine Inszenierung beworben wird. Von einer Bewerbung ist nur auszugehen, sofern das Stück noch aufgeführt wird.
  2. Archivierung: Eigentlich Vervielfältigung: Im Rahmen der Urheberrechtsreform ist zumindest geplant, dass Theater in öffentlicher Trägerschaft die Aufführungen archivieren können, vgl. Entwurf § 60 f Abs. 1.
  3. Aufnahme zwecks Wiederaufnahme: Vervielfältigung (§16 UrhG).
  4. Aufnahme und Weiterleitung der Inszenierung zwecks Verkauf der Inszenierung: Vervielfältigung (§16 UrhG), Verbreitung (§17 UrhG).
  5. Videoeinsatz von zuvor aufgenommenen Teilen der Aufführung während der Veranstaltung sowie im Foyer vor der Veranstaltung: Vervielfältigung ( §16 UrhG) sowie öffentliche Widergabe (§21 UrhG).