Informationsschrift „Ausländersteuer“

Informationsschrift für Expert*innen Nr. 3: Worauf es bei der Vertragsgestaltung ankommt! „Ausländersteuer“: Eine Besonderheit bei Verträgen mit Künstler*innen aus dem Ausland

Hinweis: Diese Informationsschrift bezieht sich auf Verträge, die Spielstätten mit Künstler*innen abschließen. Sie sind auf den konkreten Einzelfall anzupassen. Überwiegend gelten die Ausführungen auch für ähnliche Vertragskonstellationen (z.B. zwischen einer GbR, bzw. einer Theatergruppe und einer Spielstätte oder zwischen Künstler*innen und einer GbR oder zwischen einzelnen Künstler*innen). Eine Rechtsberatung im Einzelfall kann diese Informationsschrift demnach nicht ersetzen.

Gegenstand der nachfolgenden Ausführungen ist die Steuerpflicht im Ausland ansässiger Künstler*innen bzw. die Abzugssteuer nach § 50a EStG (sog. „Ausländersteuer“), die auf ein Honorar für eine selbständige künstlerische Darbietung und die Überlassung von Nutzungsrechten anfällt, falls die Künstler*in im Ausland ansässig ist und die Leistung im Inland – also in Deutschland – erbracht wird.

Die Künstler*in ist in Deutschland beschränkt steuerpflichtig, soweit das jeweilig geltende Doppelsteuerabkommen zwischen Deutschland und dem entsprechenden Ausland das so festlegt. Das heißt, dass die Einkommensteuer, die auf das Honorar für ihre selbständige Tätigkeit in Deutschland anfällt, auch in Deutschland abgeführt wird. Aus Gründen der Vereinfachung regelt § 50a EStG, dass nicht die ausländische Künstler*in die „Ausländersteuer“ abführt, sondern die Auftraggeber*in/Vergütungsschuldner*in diese Einkommenssteuer vom Honorar der Künstler*in einbehält und an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) abführt (Abzugssteuer gemäß § 50a EStG). Die Auftraggeber*in/Vergütungsschuldner*in sowie die Auftragnehmer*in haften für die Zahlung der Abzugssteuer gesamtschuldnerisch.

Die Abzugssteuer nach §50a EStG sollte schon bei der Vertragsgestaltung mitbedacht werden, da dies für den Auszahlungsbetrag, den die Künstler*innen erhalten erhebliche Bedeutung hat. Im Folgenden wird erläutert wann dieser Steuerabzug geschehen muss, wie er berechnet wird, welche Ausnahmen und Befreiungsmöglichkeiten es gibt und wie entsprechende Formulierungen im Vertrag aussehen können.

I. Steuerabzug
In Deutschland auftretende Künstler*innen (sog. darbietende Künstler*innen) sowie Künstler*innen, die ihre Nutzungsrechte in Deutschland verwerten, sind in Deutschland beschränkt steuerpflichtig , sofern sie weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Diese Einkünfte aus Darbietungen sowie der Verwertung von Nutzungsrechten müssen gemäß § 49 EStG in Deutschland versteuert werden, soweit sich aus dem jeweils anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommen (DBA, siehe unten) nichts Gegenteiliges ergibt.
§ 50a EStG regelt, dass auf die nachfolgend näher bezeichneten Einkünfte die Steuer in Form des Steuerabzugs zu erheben ist. Demnach muss die zum Zeitpunkt des Zuflusses der Vergütung entstehende Steuer von der Vergütungsschuldner*in von der Vergütung abgezogen und einbehalten und an das Bundeszentralamt für Steuer (BZSt) abgeführt werden. Der Steuerabzug betrifft insbesondere

• Einkünfte, die durch im Inland ausgeübte künstlerische Darbietungen erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit diesen Leistungen zusammenhängenden Leistungen, vgl. § 50a Abs. 1 Nr. 1 EstG.

• Einkünfte aus der inländischen Verwertung, beispielsweise Sendung einer Darbietung im Rundfunk, von inländischen Darbietungen, vgl. § 50a Abs. 1 Nr. 2 EstG;

• Einkünfte, die aus Vergütung für die Einräumung von Nutzungsrechten, beispielsweise hinsichtlich einer Stückfassung, eines Musikstücks, eines Bühnenbildes etc. herrühren und in Deutschland verwertet werden, vgl. § 50a Abs. 1 Nr. 3 EstG.

Bei sog. zusammenhängenden Leistung ist somit Vorsicht geboten. Zu den Leistungen, die mit den Darbietungen zusammenhängen, zählen auch technische Nebenleistungen wie Bühnenbild, Beleuchtung, Tontechnik, Kostüme usw. sowie Vermittlungsleistungen (Agentur etc.), soweit sie Teil der Gesamtleistung sind. Voraussetzung für die Einbeziehung dieser Nebenleistungen ist, dass sie auf Grund des bestehenden Vertragsverhältnisses Teil der von dem Vergütungsgläubiger erbrachten Gesamtleistung sind, für die eine Gesamtvergütung gezahlt wird. Werden diese Nebenleistungen auf der Grundlage besonderer Verträge, die der inländische Veranstalter mit Dritten abgeschlossen hat, von einem anderen als dem Darbietenden oder dem die Darbietung Verwertenden erbracht, sind die dafür gezahlten Entgelte nicht in die Bemessungsgrundlage für die Abzugsteuer einzubeziehen. Dies gilt nicht, wenn der Darbietende unmittelbaren Einfluss auf die Wahl und den Umfang der Leistungen des Dritten ausüben kann. Der Steuerabzug nach § 50a EStG ist in diesen Fällen auch gegenüber dem Dritten vorzunehmen. Die Nebenleistungen sind dem Darbietenden außerdem zuzurechnen, wenn er oder eine ihm nahe stehende Person i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG an dem die Nebenleistungen erbringenden Unternehmen unmittelbar oder mittelbar zu mindestens einem Viertel beteiligt ist oder eine wirtschaftliche Abhängigkeit zwischen dem Darbietenden und dem Dritten besteht.

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg – Urteil v. 12.05.2010 zum 12 K 3078/05 B sowie BFH mit Urteil vom 16.11.2011 – I R 65/10 hat dies nochmal bestätigt:

„Die Annahme von mit einer künstlerischen Darbietung i. S. v. § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG „zusammenhängenden Leistungen” setzt neben dem    sachlichen auch einen personellen Zusammenhang voraus. Danach müssen beide Leistungen von demselben Anbieter „aus einer Hand” erbracht werden; der personelle Zusammenhang ist nicht gegeben, wenn die Nebenleistung (hier: technische Produktion von Livekonzerten) nicht von den Musikern, sondern von einem gegenüber dem Künstlern (hier: Musikgruppe) „unabhängigen Dritten” erbracht wird.“

Auf Einkünfte für die Herstellung eines Werkes (werkschaffende Künstler*innen) findet in Deutschland kein Steuerabzug nach §50a EStG statt.

Beispiel 1: Der in Polen lebende und arbeitende Autor Filip stellt für ein Theater in Deutschland eine Stückfassung her. Die Vergütungsschuldner*in muss für die Werkschaffung in diesem Fall keine Steuer einbehalten.
Allerdings muss bei werkschaffenden Künstler*innen (z. B. Autor*innen) geprüft werden, ob sich die Vergütungsschuldner*in an dem geschaffenen Werk neben der Herstellung des Werkes auch die Nutzungsrechte einräumen lässt. In diesem Fall ist zwischen der Vergütung für die Herstellung des Werks und der Vergütung für die Einräumung der Rechte zur Nutzung des Werks zu differenzieren.

Beispiel 2: Rokas ist ein in Brüssel lebender Dramaturg. Eine deutsche Spielstätte beauftragt ihn, aus einem Roman eine Bühnenfassung herzustellen. Rokas stellt nicht nur ein Werk (eine Bühnenfassung) her. Rokas räumt der Spielstätte auch die Aufführungsrechte für diese Bühnenfassung ein. Steuerrechtliche Konsequenz: Das für die Herstellung der Bühnenfassung gezahlte Honorar unterliegt nicht dem Steuerabzug gem. § 50a EStG, wohl aber das für die Verwertung der Bühnenfassung (Einräumung der Nutzungsrechte) in Deutschland gezahlte Honorar. Die Vergütungsschuldner*in muss für das gezahlte Honorar für die Einräumung der Nutzungsrechte die Steuer einbehalten.

Das Bundesfinanzministerium hat mit Schreiben vom 25.11.2010 festgehalten, dass bei werkschaffenden Künstler*innen wie beispielsweise Autor*innen vermutet wird, dass auch Nutzungsrechte übertragen werden. Das Bundesfinanzministerium hat zudem konkrete Prozentsätze für die Aufteilung des Honorars für die Werkschaffung sowie für die Einräumung der Nutzungsrechte festgelegt, sofern im Vertrag zwischen dem Theater und Autor*innen nichts anderes vereinbart wurde.

Von dem Grundsatz, dass auf die Einräumung von Nutzungsrechten die „Ausländersteuer“ einzubehalten und abzuführen ist, gibt es zwei Ausnahmen (dauerhafte Verwertung sowie sich verbrauchende Rechte):

• Die Einkünfte aus der dauerhaften Verwertung von Rechten unterliegen nicht dem Steuerabzug.
Nutzungsrechte an einem urheberrechtlichen Werk können jedoch gar nicht dauerhaft verwertet werden, vgl. §29 Abs. 1 UrhG, sodass hier diese Ausnahme nicht greift. Dies liegt an der Rechtsnatur des Urheberrechts und dem damit verbundenen persönlichkeitsrechtlichen Kern. Bei der Einräumung von Nutzungsrechten an einem urheberrechtlich geschützten Werk ist demnach die Abzugssteuer einzubehalten. Anders kann es hingegen bei Leistungsschutzrechten aussehen, da diese dauerhaft übertragen werden können.

• Die Einkünfte aus der Verwertung von sog. sich verbrauchenden Rechten unterliegen ebenfalls nicht dem Steuerabzug. Dies gilt auch für sich verbrauchende Rechte an einem urheberrechtlich geschützten Werk. Sog. sich verbrauchende Rechte können z.B. Rechte an einem Bühnenbild sein, das nach der Produktion vernichtet wird. Dann fällt kein Steuerabzug an.

II. Wer muss die Steuer von beschränkt Steuerpflichtigen abführen?
Die Vergütungsschuldner*in hat den Steuerabzug für das an die Künstler*in gezahlte Honorar vorzunehmen. Dies gilt auch dann, wenn die Vergütungsschuldner*in nicht in Deutschland ansässig ist. 

In der Praxis sind neben den Künstler*innen im Ausland und dem Spielort im Inland häufig noch weitere Akteure wie z.B. Agenturen, weitere Veranstalter*innen etc. beteiligt. In diesem Fall muss zwischen zwei Ebenen unterschieden werden: Auf der ersten Ebene schließt beispielsweise die Spielstätte im Inland mit der Agentur im Ausland einen Vertrag; auf der zweiten Ebene schließt die Agentur im Ausland mit der Künstler*in aus dem Ausland einen Vertrag. Grundsätzlich gilt, dass der Steuerabzug nur auf der ersten Ebene (Spielstätte – Agentur) vorgenommen werden muss.

III. Höhe des Steuerabzugs von Einnahmen aus künstlerischer Tätigkeit
Für die Berechnung der Steuerschuld muss die Vergütungsschuldner*in die Bemessungsgrundlage und die Höhe des Steuersatzes ermitteln.

1. Bemessungsgrundlage:
Die Bemessungsgrundlage setzt sich aus dem Betrag der Vergütung zusammen.

Nicht zu berücksichtigen für die Bemessungsgrundlage sind jedoch die von der Vergütungsschuldner*in ersetzten und übernommenen Fahrt- und Übernachtungsauslagen, sofern sie die tatsächlich angefallenen Kosten nicht übersteigen;

auch ausgezahlte Verpflegungskosten, die die Pauschalbeträge für Verpflegungsmehraufwand des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 EStG nicht übersteigen, sind nicht Teil der Bemessungsgrundlage.

Die ggf. anfallende Umsatzsteuer ist ebenfalls nicht mit in die Bemessungsgrundlage mit aufzunehmen.

2. Bruttobesteuerung
Der Steuersatz der Bruttobesteuerung beträgt 15 % der Einnahmen als Einkommenssteuer zzgl. 5,5 % der Einkommenssteuer als Solidaritätszuschlag (SoliZ).
Je nach Vereinbarung – Brutto- oder Nettovergütung (Achtung: Unterschied zwischen Bruttobesteuerung und Bruttovergütung)- kann diese Steuerschuld verschieden berechnet werden.
Rechenbeispiel für Bruttovergütung:
Bei einer Bruttovergütungsvereinbarung müssen für die Berechnung der Höhe der Steuerschuld von der vereinbarten Bruttovergütung zunächst 15% abzuführende Abzugssteuer (Einkommenssteuer) berechnet werden. Den Solidaritätsbeitrag von 5,5 %, der nur auf die Abzugssteuer (Einkommenssteuer) anzuwenden ist, kann man mit 0,825% der Bruttovergütung herausrechnen:

Berechnung:
Vereinbarte Bruttovergütung 10.000,00 €
15% ESt von Bruttovergütung – 1.500,00 €
5,5% SoliZ von ESt = 0,825% SoliZ von Bruttovergütung – 82,50 €
Nettovergütung 8.417,50 €
Summe Steuern 1.582,50 €

Die Künstler*in erhält 8.417,50 Euro von der Spielstätte ausgezahlt und die Spielstätte muss an das BZSt 1.582,50 Euro Steuern abführen.

a) Rechenbeispiel für Nettovergütung:

Bei einer Nettovergütungsvereinbarung muss für die Berechnung der Höhe der Steuerschuld von der vereinbarten Nettovergütung auf ein Bruttohonorar um- bzw. hochgerechnet werden, um die Höhe der abzuführenden „Ausländersteuer“ zu berechnen. Ein einfacherer und schnellerer Weg ist es, nachfolgende Steuersätze bei der Berechnung der Nettovergütung zu verwenden:
Einkommensteuer (ESt): 17,82 % der Nettovergütung
Solidaritätszuschlag (SoliZ): 0,98 % der Nettovergütung

(Das entspricht 15,825 % des Bruttoeinkommens)

Berechnung:
Vereinbarte Nettovergütung 10.000,00 €
17,82% ESt von Nettovergütung + 1.782,00 €
0,98% SoliZ von Nettovergütung + 98,00 €
Bruttovergütung 11.880,00 €
Summe Steuern 1.880,00 €

Die Künstler*in erhält 10.000,00 Euro von der Spielstätte ausgezahlt und die Spielstätte muss an das BZSt 1.880,00 Euro Steuern abführen.

Check (Rückrechnung):

Vereinbarte Bruttovergütung 11.880,00 €
15% ESt von Bruttovergütung – 1.782,00 €
5,5% SoliZ von ESt = 0,825% SoliZ von Bruttovergütung – 98,00 €
Nettovergütung 10.000,00 €
Summe Steuern 1.880,00 €

3. Milderungsregelung bei Darbietungsgagen bis 250,- € pro Künstler*in und Darbietung

Bei Vergütungen für Darbietungen bis zu 250 € pro Darbietung pro Person, fällt keine Abzugssteuer nach § 50a EstG an. Die Auftraggeber*innen haben dennoch eine sog. Nullmeldung an das BZSt abzugeben. Finden an einem Tag mehrere Darbietungen statt, so handelt es sich dabei jeweils um einzelne Darbietungen. Zu der Höhe der Darbietungsgage gehören auch Leistungen und deren Vergütung, die in einem direkten Zusammenhang mit den Aufführungen stehen. Erhält also die Künstler*in für die Proben 1.000,- € und pro Auftritt 250,- €, ist das Probenhonorar und das Darbietungshonorar als Gesamthonorar zu betrachten und durch die Anzahl der Darbietungen zu teilen.

Beispiel: Um bei dem oberen Beispiel zu bleiben. Bei einem Probenhonorar in Höhe von 1.000 € und einem Honorar in Höhe von 250 € pro Auftritt, würde bei vier Auftritten das Honorar dann pro Auftritt bei einem Betrag in Höhe von 500,00 € liegen (4 x 250 € + 1.000 € = 2.000 € / 4 = 500 €). Die Milderungsgrenze kommt nicht zur Anwendung.

Übersteigt das Honorar einen Betrag von 250,- € so sind die gesamten Einnahmen zu versteuern. Bei der Grenze von 250,- € handelt es sich um eine Freigrenze, nicht um einen Freibetrag.

IV. Entlastung nach dem Doppelbesteuerungsabkommen

1. Doppelbesteuerungsabkommen
Deutschland hat mit vielen Staaten sogenannte Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (nachfolgend DBA) geschlossen. In diesen Abkommen hat sich Deutschland mit den jeweiligen Staaten darauf geeinigt, in welchem der jeweiligen Vertragsstaaten welche Steuern bei grenzüberschreitenden Sachverhalten zu versteuern sind. Manchmal widerspricht das jeweilige DBA den oben aufgeführten Regelungen des § 50a EStG.
Die OECD hat zwar ein Musterdoppelbesteuerungsabkommen entworfen, in dem die o.g. Grundsätze für die Besteuerung vorgeschlagen werden, häufig weichen die DBA aber von dem OECD Muster ab.

Ein Beispiel ist das DBA-USA: Gemäß Artikel 17 des DBA-USA gilt das Prinzip des Besteuerungsrechts des Auftrittsorts (Quellenstaatprinzip) nicht bei Darbietungen, sofern das Honorar der Künstler*innen im Kalenderjahr nicht höher als 20.000 US $ ist (Honorar = Einnahmen zzgl. erstatteter Reisekosten etc.).
Auch das Besteuerungsrecht für Lizenzentgelte weicht in den DBA häufig von den OECD Mustern ab. In einer Reihe von DBAs wird geregelt, dass eine vollständige bzw. anteilige Besteuerung des Quellenstaates (Staat des Lizenznehmers) erfolgt.

Zudem enthalten einige DBA Sonderregeln, die in dem OECD Muster nicht enthalten sind (z.B. Kulturaustausch).
Demnach genügt es nicht, im OECD Muster nachzuschauen. Bei jedem einzelnen zu prüfenden Fall muss in das zwischen den betreffenden Ländern abgeschlossenen DBA geschaut werden.

Nach der sog. segmentierten Betrachtungsweise können Vergütungsbestandteile einer Gesamtproduktionen aufgeteilt werden. Zu unterscheiden sind solche Entgelte, die für eine persönlich ausgeübte Künstler*innentätigkeit aufgewendet werden und solche, die organisatorische Tätigkeiten betreffen (z.B. Produktion, Technik, Transport). Der Steuerabzug ist dann nur für die Künstler*innentätigkeit vorzunehmen. Somit kann eine partieller Freistellungsbescheinigungen beantragt werden. Der BFH hat dies in seinem Urteil vom 25.04.2018 (AZ: I R 59/15) über einen Fall zu Art. 17 Abs. 2 DBA-Österreich 2000 entschieden.

2. Verhältnis des § 50a EstG zum DBA
Hinzu kommt, dass die in § 50a EStG geregelte Abzugssteuer für Darbietungen und Lizenzeinkünfte wiederum nicht immer mit den jeweiligen DBA übereinstimmen. § 50a EStG verpflichtet teilweise zum Steuerabzug, obwohl der Sachverhalt nach dem DBA das Besteuerungsrecht gar nicht Deutschland zuweist.
Eine Berufung auf das günstigere DBA ist nur möglich, wenn man eine Freistellungsbescheinigung vom BZfSt erhalten hat. Das bedeutet, dass der Steuerabzug nach § 50a EstG ohne eine Freistellungsbescheinigung ungeachtet eines DBA durch den Vergütungsschuldner in voller Höhe vorzunehmen ist.

3. Freistellung vom Steuerabzug/ Erstattung der bereits abgeführten Einkommenssteuer
Für den Fall, dass die jeweiligen DBAs nicht mit dem Steuerabzug des § 50a Abs. 1 EStG übereinstimmen und Deutschland nach dem DBA kein Besteuerungsrecht oder Deutschland nach dem DBA nur das Besteuerungsrecht zu einem niedrigeren Steuersatz zusteht, kann eine Freistellung vom Steuerabzug oder – nach erfolgten Steuerabzug – eine Erstattung beantragt werden. Wenn die Vergütungsschuldner*in vor der Zahlung des Honorars nach dem einschlägigen DBA von der Verpflichtung zum Steuereinbehalt freigestellt wurde, muss der Steuerabzug nicht vorgenommen werden (Freistellungsbescheinigung). Sofern zum Zeitpunkt der Zahlung des Honorars keine Freistellungsbescheinigung vorliegt, ist die Abzugssteuer einzubehalten und abzuführen. Die Künstler*in kann dann gegebenenfalls einen Antrag auf (Teil)erstattung stellen. Die Erstattung erfolgt aufgrund eines Freistellungsbescheids.

Exkurs: Bei Lizenzeinkünften von geringer steuerlicher Bedeutung kommt ein vereinfachtes Verfahren, das sog. Kontrollmeldeverfahren in Betracht, mit der Folge, dass das umfangreichere Freistellungsverfahren nicht durchgeführt werden muss, sondern lediglich das Kontrollmeldeverfahren durchgeführt werden kann vgl. näheres unter VI. Nr. 4 dieser Informationsschrift.

Im Bereich der Darstellenden Kunst ist insbesondere bei nachfolgenden Sachverhalten zu prüfen, ob eine Möglichkeit zur Freistellung oder Erstattung vorliegt:

a) In der Regel sind die Einkünfte aus Darbietungen entsprechend Art. 17 OECD-MA im Staat des Auftrittes zu besteuern. In einigen DBAs ist das Besteuerungsrecht bei einer wesentlichen Förderung durch den Wohnsitzstaat der beschränkt steuerpflichtigen Künstler*innen dem Wohnsitzstaat zugeordnet. Diese Regelung findet häufig auch auf Solokünstler*innen und nicht nur für Kulturvereinigungen Anwendung (bspw. Österreich, USA etc.). Sehr selten genügt es, wenn die Förderung aus dem Staat des Auftrittes stammt (z.B. DBA-Polen). Auch für Kulturaustausche weisen einige DBAs das Besteuerungsrecht dem Wohnsitzstaat zu.

b) Bei der Einräumung von Nutzungsrechten weichen die DBA wie bereits erörtert häufig von der Höhe der in § 50a EStG geregelten Abzugssteuer ab.

c) Achtung: DBA-USA Gemäß Artikel 17 des DBA-USA gilt das Prinzip des Besteuerungsrechts des Auftrittsorts (Quellenstaatprinzip) nicht bei Darbietungen, sofern das Honorar der Künstler*innen im Kalenderjahr nicht höher als 20.000 US $ ist (Honorar = Einnahmen zzgl. erstatteter Reisekosten etc.).

d) Sofern das DBA entgegen Artikel 17 Abs. 2 OECD-MA nicht regelt, dass Zahlungen für Darbietungen an eine zwischengeschaltete Person (Agentur, Veranstalter, Produktionsgesellschaft) ebenfalls im Auftrittsstaat bleiben, kann eine Freistellung/Erstattung beantragt werden. Achtung: In den meisten Fällen, muss dann die zwischengeschaltete Person die Abzugssteuer für das an die Künstler*innen ausgezahlte Honorar abführen. Dies gilt ggf. nicht, sofern die Künstler*innen bei der zwischengeschalteten Person angestellt sind und eine Besteuerung für die unselbständige Tätigkeit entsprechend Art. 15 OECD-MA im Ansässigkeitsstaat vorgesehen ist. Relevant ist das für die freie Szene beispielsweise bei den „asbls“ in Belgien (Produktionsgesellschaften, bei denen die Künstler*innen angestellt sind). Hier kann eine Freistellung auf beiden Stufen beantragt werden.

e) Weitere „Befreiungstatbestände“ nach nationalem Recht
Bei einer überwiegend aus dem Inland geförderten Produktion bestehen weitere „Freistellungsmöglichkeiten“ nach dem sog. Kulturorchestererlasses bzw. bei besonderem öffentlichen Interesse gemäß § 50 Abs. 4 EStG (u.a. überwiegende öffentliche Förderung aus dem Inland i.S.d. § 50 Abs. 4 EStG). Eine solche „Freistellung“ kommt nur in Betracht, sofern es sich bei den aus dem Ausland ansässigen Künstler*innen um eine Kulturvereinigung handelt. Wie viele Mitglieder eine Gruppe haben muss, um als Kulturvereinigung zu gelten, ist streitig und im Einzelfall zu prüfen. Jedenfalls fallen einzelnen Künstler*innen nicht darunter. Weitere Einzelheiten zu dem Verfahren vgl. Ziffer VI Nr. 5 a dieser Informationsschrift.

4. Anrechnung der gezahlten „Ausländersteuer“ im Wohnsitzstaat
Soweit das im Inland erzielte Einkommen der Künstler*innen nach dem DBA nicht im Wohnsitzstaat zu versteuern ist, also die Regelung der Abzugssteuer des § 50a EStG mit dem jeweiligen DBA übereinstimmt oder keine Freistellung/ Erstattung beantragt wurde, können sich die Künstler*innen von der Besteuerung im Wohnsitzstaat freistellen lassen (Freistellungsmethode) oder die im anderen Staat gezahlten Steuern anrechnen lassen (Anrechnungsmethode). Welcher dieser Methoden zur Anwendung kommt, ergibt sich aus dem einschlägigen DBA sowie den Vorschriften des Wohnsitzstaates. Die Vergütungsschuldner*in sollte in jedem Fall der Künstler*in hierfür eine Bescheinigung über die abgeführten Steuern zukommen lassen.

V. Formulierungen
Bei der Formulierung der Vergütungsvereinbarungen bei im Ausland ansässigen Künstler*innen ist neben der in dieser Informationsschrift erörterten „Ausländersteuer“ auch die häufig in diesen Zusammenhängende stattfindende Umkehrung der Steuerschuld der Umsatzsteuer zu berücksichtigen. Daher wird dies bei den nachfolgenden Formulierungsvereinbarungen bereits mit bedacht und wegen der Einzelheiten auf die Informationsschrift für Expert*innen Nr. 4 – Worauf es bei der Vertragsgestaltung ankommt! Umsatzsteuer bei Verträgen mit Künstler*innen aus dem Ausland verwiesen.

A. Honorarvereinbarung Gastspielvertrag
1. Im Ausland ansässige Gruppe tritt in einer Spielstätte in Deutschland auf.
Die/der Künstler*in erhält ein Honorar in Höhe von [1.000 €] (ohne Umsatzsteuer)..
Die Spielstätte ist gemäß § 13 b UStG (Reverse Charge) Steuerschuldner der Umsatzsteuer. Sie meldet die Umsatzsteuer an und führt diese ab. Für den Fall, dass das die/der Künstler*in für den mit diesem Vertrag vereinbarten Auftritt eine Befreiung von der Umsatzsteuer nach § 4 Nr. 20a UStG erhält und das Finanzamt die Freistellung bescheinigt, ist die Umsatzsteuer nicht abzuführen.

Variante 1: Bruttovergütungsvereinbarung
Das oben genannte Honorar versteht sich als Bruttobetrag. Das heißt die Spielstätte zieht die Steuer gemäß §§ 49 ff. EStG vom oben genannten Honorar ab, meldet sie beim Bundeszentralamt (BZSt) für Steuern an und führt diese auch an das BZSt ab. Nur der Restbetrag gelangt zur Auszahlung an die/der Künstler*in. Dieser beträgt [….]
Variante 2: Nettovergütungsvereinbarung
Das oben genannte Honorar versteht sich als Nettozahlung. Die Spielstätte meldet die Steuer gemäß §§49 ff. EStG fristgemäß beim Bundeszentralamt für Steuern an und führt sie zusätzlich zu dem an die/der Künstler*in gezahlten Honorar, fristgemäß an das BZSt ab.
B. Nebenleistungen (Fahrt- Unterkunfts- und Verpflegungskosten):
Nachfolgende angekreuzte Leistungen werden zusätzlich zum Honorar von der Spielstätte übernommen. Zutreffendes bitte ankreuzen:
* Unterkunftskosten
☐Die Spielstätte bucht und bezahlt das Hotel.
☐ Die Spielstätte erstattet der/dem Künstler*in die Unterkunftskosten bis zu einem Betrag in Höhe von ___ inkl. Umsatzsteuer ___ € pro Nacht gegen Vorlage des Originalbeleges nebst Kostenerstattungsbelegs, jedoch maximal in Höhe von _____ € im Monat. Die Künstler*in behält eine Fotokopie des Kostenerstattungsbelegs nebst Quittung.
* Fahrtkosten
☐ Erstattung der Bahn-/Flug/Fahrtkosten (Bahn zweite Klasse, Flug economy- class, Mietwagen) gegen Vorlage des Originalbeleges nebst Kostenerstattungsbeleg. Die Künstler*in behält eine Fotokopie des Kostenerstattungsbelegs nebst Quittung.
☐ Spielstätte bucht und zahlt das Flug- bzw. Bahnticket.
* Verpflegungspauschale
☐ Die Spielstätte zahlt die Verpflegungspauschale gemäß § 9 Abs. 4a EStG (ab 8 Stunden 12 €, Kalendertage mit 24-stündiger Abwesenheit 24 €), also für den gesamten Zeitraum einen Betrag in Höhe von ____ €.
* Sonstige Auslagen
Die Spielstätte beauftragt die/der Künstler*in[zutreffenden Auftragsgegenstand eintragen] bis zu einem Gesamtbetrag in Höhe von [xxx] zu beschaffen. Die Spielstätte erstattet der/dem Künstler*in den Betrag gegen Einreichung eines Kostenerstattungsbelegs mit der Originalrechnung. Die/der Künstler*in behält eine Fotokopie des Kostenerstattungsbelegs nebst Quittung.

VI. Formulare und weitere Freistellungsmöglichkeiten
1. Meldung und Abführung der Abzugssteuer beim Bundeszentralamt für Steuern.
Frist: Bis zum 10. des auf das Kalendervierteljahr der Auszahlung folgenden Monats.
Der Steuerabzug erfolgt auf Rechnung des Gläubigers der Vergütung, da dieser der Steuerschuldner ist. Die in einem Kalendervierteljahr einbehaltene Steuer hat der Schuldner der Vergütung bis zum zehnten Tag des folgenden Monats anzumelden und an das BzSt abzuführen. Für Anmeldung und Zahlung der „Ausländersteuer“ muss zunächst eine Steuernummer beim Bundeszentralamt für Steuern beantragt werden. Zudem muss man sich mit dieser Steuernummer bei dem BZSt Online-Portal registrieren, um künftig diesen Zugang für die Abgabe nutzen zu können.
Eine Anmeldung hat auch bei sog. Nullmeldungen zu erfolgen, also wenn aufgrund des Auftrittshonorars von bis zu 250 € keine „Ausländersteuer“ abzuführen ist.

2. Bescheinigung der für die beschränkt steuerpflichtigen Künstler*innen abgeführten Steuern, § 50a Abs. 5, S. 6 EStG.

Die Bescheinigung ist den Künstler*innen auf Anforderung von der Vergütungsschuldner*in auszustellen. Diese Bescheinigung können die Künstler*innen im Wohnsitzstaat vorlegen, so dass der Steuerabzug entsprechend des DBA berücksichtigt wird. Anderenfalls laufen die Künstler*innen Gefahr, entgegen den Regelungen des DBA das gesamte im Ausland erzielte Einkommen noch einmal zu versteuern.

3. Freistellung/Erstattung aufgrund des DBAs, § 50d EStG beim Bundeszentralamt für Steuern.
Link zum Formular:

Frist: Antrag auf Freistellung bis zum Zeitpunkt, indem der Steuerabzug erfolgen muss (Freistellungsbescheinigung). Die Frist für den Antrag auf Erstattung beträgt vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Vergütungen bezogen worden sind (Freistellungsbescheid, § 50d Abs. 1 Sätze 9 und 10 EStG).

Antragsteller: Antragsteller sind die beschränkt steuerpflichtigen Künstler*innen. Die Künstler*innen können die Vergütungsschuldner*in in Deutschland bevollmächtigen, die entsprechenden Anträge für sie zu beantragen (Vollmacht und ggf. Inkassovollmacht).

4. Kontrollmeldeverfahren anstatt eines Freistellungsverfahrens

Bei Lizenzeinkünften von geringer steuerlicher Bedeutung (Honorar pro Vertrag für Lizenzgebühr nicht mehr als 5.500 € brutto; im gesamten Kalenderjahr nicht mehr als 40.000 € brutto) kann die Vergütungsschuldner*in ein vereinfachtes Verfahren durchführen, vgl. § 50d Abs. 5 S.1 EstG. Es braucht kein Steuerabzug bzw. lediglich ein niedriger Steuerabzug vorgenommen zu werden. Die Vereinfachung gegenüber dem formellen Freistellungsverfahren nach § 50d Abs. 2 EStG besteht darin, dass der sonst erforderliche Antrag der ausländischen Vergütungsgläubiger*in auf Freistellung und die Bestätigung der ausländischen Steuerbehörde über die Berechtigung zur Inanspruchnahme der Steuerentlastung nach dem Abkommen (§ 50d Abs. 4 EStG) entfällt.

Schritte und Links:
1. Für die Teilnahme am Kontrollmeldeverfahren muss eine Steuernummer beim Bundeszentralamt für Steuern beantragt werden, vgl. Link bei VI. Nr. 1.
2. Anmeldung für das Kontrollmeldeverfahren
3. Nullmeldung bzw. abführen der Reststeuer, vgl. Link bei VI. Nr. 1.
4. Jahreskontrollmeldung:

Merkblätter

Frist: Kann innerhalb des Kalendervierteljahres, in dem abzuführen ist, auch rückwirkend angewendet werden. Soweit die Abzugssteuer bereits abgeführt worden ist, kann das Kontrollmeldeverfahren nicht mehr rückwirkend angewendet werden.

Antragsteller: Antragsteller ist die Vergütungsschuldner*in.

5. Erlass der Besteuerung aufgrund nationaler Vorschriften

Kulturorchestererlass bzw. Freistellungsantrag bei besonderem öffentlichen Interesse (u.a. überwiegende öffentliche Förderung aus dem Inland i.S.d. § 50 Abs. 4 EStG) beim Finanzamt zu beantragen.
Voraussetzungen:
• unmittelbare öffentliche Förderung nach dem Kulturorchestererlass (Problem: institutionelle Förderung). Nach der neuen Regelung des § 50 Abs. 4 EstG wird keine Unmittelbarkeit der öffentlichen Förderung mehr verlangt.
• Kostendeckung zu mindestens 1/3 durch Förderung
• Kulturvereinigung (strittig Anzahl)

Problem: Bei Anwendung des § 50 Abs. 4 EStG handelt es sich um ein aufwendiges Verfahren, da ein Erlass durch die oberste Finanzbehörde der Länder oder die von ihnen beauftragten Finanzbehörden mit Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen notwendig ist. Es ist jedoch weiterhin möglich, sich direkt auf den Kulturorchestererlass zu berufen. Hierfür ist allein das örtliche Finanzamt zuständig.