Reform des Statusfeststellungsverfahrens

Als selbstständige:r Kunstschaffende:r stellt sich oftmals die Frage nach der Scheinselbstständigkeit. Wir haben dazu in der Vergangenheit zwei Verfahren (siehe Beiträge 11/2019 und 08/2020)  geführt, die dieses Feld beleuchten und wollen in diesem Beitrag näher auf das Statusfeststellungsverfahren eingehen.

Das Statusfeststellungsverfahren im Bereich der gesetzlichen Sozialversicherung dient dazu, den Status von Personen als abhängig Beschäftigte oder selbständig Tätige verbindlich festzustellen. Für Auftragnehmer:innen und Arbeitgeber:innen herrscht oft Unsicherheit darüber, ob es sich um eine abhängig Beschäftigung nach § 7 SGB IV handelt. Wenn das der Fall ist, muss der:die Arbeitgeber:in bspw. Sozialbeiträge zahlen. Die Rechtsprechung hat unterschiedliche Kriterien für eine Abgrenzung entwickelt. Es kommt darauf an, ob der:die Auftragnehmer:in persönlich abhängig ist. Dies ist dann der Fall, wenn sie:er in den Betrieb von Arbeitgeber:in eingegliedert ist. Außerdem ist abhängig beschäftigt, wer den Weisungen von Arbeitgeber:in unterliegt, bspw. im Hinblick auf die Zeit, die Dauer, den Ort und die Art der Ausführung.

Im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahren kann eine bindende Entscheidung bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung erwirkt werden.

Seit dem 1. April 2022 gilt nun das neue Statusfeststellungsverfahren nach § 7 a SGB IV, das mehr Sicherheit für die Praxis bringen soll (vgl. BT-Drs. 19/29893, 27). Die Reform wurde im Mai 2021 beschlossen.

Was hat sich u.a. verändert?

  1. Vereinfachtes Verfahren

Das Statusfeststellungsverfahren soll vereinfacht werden. Die DRV stellt nur den Erwerbstatus fest (abhängig beschäftigt oder selbstständig) ohne direkt eine Entscheidung über die Sozialversicherungspflicht (wie bisher) zu treffen. Das heißt jedoch auch, dass die DRV im Verfahren nicht direkt über die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung entscheidet. Deshalb müssen die Beteiligten weniger umfangreichen Angaben machen (BT-Drs. 19/29893, 28). Arbeitgeber:innn müssen dann selbstständig die erforderliche Meldungen zur Sozialversicherung vornehmen.

  1. Prognoseentscheidung

Mit der Neuregelung ist eine bindende Prognoseentscheidung vor Aufnahme der Tätigkeit möglich. Die DRV prüft dann vorab den Vertrag der Parteien. Bisher kam es bei der Bestimmung erheblich auf die tatsächlichen Umstände der Vertragsdurchführung an. Deshalb besteht auch mit der Prognoseentscheidung die Pflicht nach Beginn oder Aufnahme der Tätigkeit veränderte Umstände zu melden. Arbeitgeber:innen haben die Pflicht, eine solche Änderungsmitteilung zu machen. Unklar ist, wann die Schwelle erreicht ist, dass eine solche Pflicht greift (vgl. Zieglmeier: Das neue (Erwerbs-)Statusfeststellungsverfahren NZA 2021, 977).  Kommt die DRV nach Meldung zu einer anderen Entscheidung, gilt diese nur für die Zukunft. Es müssen also keine Sozialbeiträge nachgezahlt werden.

  1. Gruppenantrag

Bisher musste jedes Vertragsverhältnis für sich bestimmt werden. Mit dem neu eingeführten Gruppenfeststellungsantrag nach § 7 a Abs. 4 b SGB IV gibt es die Möglichkeit, eine gutachterliche Äußerung der DRV zum Erwerbsstatus anderer Auftragnehmer:innen einzuholen. Voraussetzung ist, dass die Arbeitgeber:in den Antrag parallel zu einem Statusfeststellungsverfahren eines:einer konkreten Auftragnehmer:in stellt und die Auftragsverhältnisse vergleichbar sind. Dies kann der Fall sein, wenn sie den gleichen Rahmenvertrag haben. Im Gesetz heißt es: Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. Ob sich dieses vage Kriterium der vergleichbaren „Art“ in der Praxis bewährt, bleibt abzuwarten. Nach dem Sinn und Zweck des Gruppenfeststellung ist eine weite Auslegung geboten (vgl. Bissels/Falter/Joch: Reform des Statusfeststellungsverfahrens, ArbRAktuell 2021, 485).

Wichtig ist: Es handelt sich nur um eine gutachterliche Äußerung und nicht um einen Verwaltungsakt. Damit ist die Entscheidung nicht bindend!