Urheberrechtsreform: Die Nutzung fremder Werke zum Zweck der Karikatur, der Parodie oder des Pastiche

Seit dem 1. August 2021 gelten die neuen Regelungen der Urheberrechtsreform, die wichtige Richtlinien des Unionsgesetzgebers in deutsches Recht umsetzt. In den vergangenen 20 Jahren gab es keine größere Reform des europäischen Urheberrechts – da ist es nicht überraschend, dass sie neben vielen lang erwarteten Antworten auch etliche neue Fragen aufwirft.

Neu ist insbesondere die Regelung des § 51a UrhG: Fremde, urheberrechtlich geschützte Werke dürfen danach ohne Zustimmung der Urheber:in verwendet werden, wenn das Material zu den Zwecken der Karikatur, der Parodie oder des Pastiche genutzt wird. Was genau darunter fällt, ist in vielen Fällen allerdings noch ungeklärt.

Der Anlass für die Neuregelung

Bis zur Umsetzung der Reform gab es keine ausdrückliche Erlaubnis urheberrechtlich geschützte Werke für eine Karikatur, eine Parodie oder ein Pastiche zu nutzen. Bereits die InfoSoc-RL aus dem Jahr 2001 eröffnete den Mitgliedstaaten der EU  die Möglichkeit diese Schranke ausdrücklich zu regeln. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Option allerdings nicht wahrgenommen. Die Gerichte subsumierten die Nutzung zum Zweck der Karikatur und der Parodie bislang unter den Tatbestand der freien Benutzung nach § 24 UrhG a. F.

Mit Urteil vom 29. Juli 2019 in der Rechtssache Kraftwerk / Moses Pelham (Az: EuGH, Urteil vom 29.07.2019, C-476/17, bekannt als „Metall auf Metall“) erklärte der Europäische Gerichtshof den § 24 UrhG allerdings für nicht mit dem Unionsrecht vereinbar. Diese Vorschrift wurde nun durch § 51a UrhG ersetzt.

Wann ist die Nutzung nach § 51a UrhG zulässig?

Liegt eine Parodie, eine Karikatur oder ein Pastiche vor, so ist nahezu jede Verwertungshandlung erfasst. Das fremde Werk darf also insbesondere kopiert und ins Internet gestellt werden.

Für eine Einordnung als Parodie, Karikatur oder Pastiche muss das Ausgangswerk zwar als solches noch erkennbar sein, es muss jedoch umgestaltet oder in einen anderen Kontext gesetzt werden. Parodie, Karikatur und Pastiche haben also die Auseinandersetzung mit einem bestehenden Werk gemein, an das sie erinnern, von dem sie sich aber zugleich (in Abgrenzung zu einem Plagiat) wahrnehmbar unterscheiden.

Parodie

Der Begriff der Parodie ist bereits höchstrichterlich durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs definiert und eingegrenzt worden. Eine Parodie wird demnach von Humor oder Verspottung getragen. Die humoristische oder verspottende Auseinandersetzung muss sich nicht auf das ursprüngliche Werk oder den:die Urheber:in selbst beziehen, sondern kann auch einer dritten Person, einem anderen Werk oder einem gesellschaftlichen Sachverhalt gelten (EuGH, GRUR 2014, 972, 974).

Karikatur

Im Fall der Karikatur liegt bislang keine abschließende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vor. Die Gesetzesbegründung (RegE BT-Drs. 19/27426, 91) verweist auf den allgemeinen Sprachgebrauch. Demnach ist eine Karikatur die übertriebene bildliche Darstellung gewisser charakteristischer Züge einer Person oder Situation unter Zuhilfenahme eines fremden Werkes. Im Unterschied zu einer Parodie, deren Gegenstand das genutzte fremde Werk ist, thematisiert die Karikatur Personen, Situationen oder Zustände.

Pastiche

Die größte Rechtsunsicherheit wird künftig in der Nutzung fremder Werke zum Zweck des Pastiche liegen. Im musik- und literaturwissenschaftlichen Kontext versteht man unter einem Pastiche eine stilistische Nachahmung, also beispielsweise die Imitation des Stils berühmter Künstler:innen. Stil allein ist jedoch nicht urheberrechtlich geschützt, der Rechtsbegriff des Pastiche muss also darüber hinaus gehen.

Die Gesetzesbegründung geht zum Schutz der Meinungs- und Kunstfreiheit von einer sehr weiten Auslegung des Begriffs aus (RegE BT-Drs. 19/27426, 92). Sie schlägt eine negative Definition vor, nach der ein Pastiche alles ist, was sich zwar an ein bestehendes Werk anlehnt aber weder Karikatur noch Parodie ist. Besonders hervorgehoben wird aber an dieser Stelle die anschließend zu prüfende Interessenabwägung (siehe unten).

Anders als die Parodie erfordert der Pastiche keinen Ausdruck von Humor oder Verspottung, sondern ist vielmehr, im Sinne einer Hommage, von Wertschätzung oder Ehrerbietung für das Original geprägt. Die Gesetzesbegründung zählt beispielsweise die Praktiken Remix, Meme, GIF, Mashup, Fan Art, Fan Fiction oder Sampling auf. Diese könnten als zitierende, imitierende und anlehnende Kulturtechniken unter den Pastiche nach § 51a UrhG fallen. Das Cover war im ersten Diskussionsentwurf des BMJV auch Teil dieser Aufzählung, wurde aber dann gestrichen.

Einordnung

Viele Samples und Remixe dürften nun also nach § 51a UrhG zulässig sein. Ob dies nach dem EuGH Urteil „Metall auf Metall“ eine umfassende Kehrtwende in der Rechtsprechung darstellt, kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Hier werden angesichts der neuen Rechtslage nur die Gerichte Klarheit schaffen können. Es wird aber vermutet, dass diese den § 51a UrhG nicht als pauschale Erlaubnis für Remixe oder Samples lesen werden.

Wegen der weiten Auslegung des Begriffs Pastiche ist die Interessenabwägung im Anschluss besonders entscheidend. Ähnlich der Rechtspraxis zum Zitatrecht gem. § 51 UrhG bestimmt sich die Zulässigkeit der Nutzung im Rahmen einer Karikatur, Parodie oder eines Pastiche letzten Endes nach einer Einzelfallabwägung. Diese Interessenabwägung stellt sicher, dass ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen der Urheber:in des benutzten Werkes und der Nutzer:in vorliegt.

Zusammenfassung

Der neue § 51a UrhG verändert die kreative und digitale Auseinandersetzung mit urheberrechtlich geschützten Inhalten. Während bekannte Regelungen – etwa zur Parodie – leicht übernommen werden können, wirft insbesondere der Pastiche Fragen auf, die wohl erst mit weiterer Fachliteratur und Rechtsprechung rechtsicher einzuschätzen sind.