Politische Betätigung von Vereinen im Spiegel des Gesellschafts- und Gemeinnützigkeitsrecht

Vereine, die sich für die Allgemeinheit engagieren und deshalb als gemeinnützig anerkannt sind, werden aufgrund dieser Anerkennung steuerlich begünstigt. Es gibt immer wieder Fälle, bei denen die politische Bestätigung eines Vereins oder der Ausschluss bestimmter Personen zu einer Aberkennung dieser Gemeinnützigkeit führen kann. In unserer Serie zum Thema „Vereine, politische Betätigung und Gemeinnützigkeitsrecht“ gehen wir auf die unterschiedlichen Fragestellungen, die sich hier stellen ein.

Im ersten Beitrag führen wir zunächst kurz in das Thema (gemeinnütziger) verein ein (I.) und konzentrieren uns auf die Aufnahme und auf den Ausschluss von Mitgliedern eines Vereins wegen einer bestimmten politischen Einstellung (II.).

I. Einführung: Der (gemeinnützige) Verein

Ein Verein ist ein auf Dauer angelegter Zusammenschluss von Personen zur Verwirklichung eines gemeinsamen Zwecks. Der Vereinszweck ist in der Satzung geregelt. Der Verein ist körperschaftlich verfasst, tritt unter einem Gesamtnamen auf und ist auf einen wechselnden Mitgliederbestand angelegt. Organe des Vereins sind jedenfalls der Vorstand (mindestens ein Vorstandsmitglied) und die Mitgliederversammlung. Diese Zusammenfassung bezieht sich auf den eingetragenen Idealverein nach § 21 BGB und den nicht eingetragenen Verein nach § 54 BGB. Der eingetragene Idealverein ist eine juristische Person und somit selbst rechtsfähig. Ein nicht eingetragener Verein ist dagegen eine Personenvereinigung, also eine nicht rechtsfähige Vereinigung, die aus einem Zusammenschluss von Personen besteht. Sowohl der eingetragene als auch der nicht eingetragene Verein können einen gemeinnützigen Zweck verfolgen. Für eine ausführliche Einführung zum Thema Verein, siehe den Beitrag Verein auf unserer Internetseite und den von uns in Kooperation mit dem BFDK verfassten Campus-Beitrag über den Verein.

Um als gemeinnützig zu gelten, muss ein Verein einen Satzungszweck haben, der in ein gemeinnütziges Tätigkeitsgebiet fällt. Der Verein muss seine Mittel für den in der Satzung definierten Zweck verwenden. Paragraf 52 Absatz 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) setzt für die Gemeinnützigkeit einer Körperschaft, also auch eines Vereins, die selbstlose Förderung der Allgemeinheit auf einem der in Paragraf 52 Absatz 2 AO aufgeführten Tätigkeitsgebiete voraus. Darunter fällt nach Paragraf 52 Absatz 2 Satz 1 Nr. 24 AO beispielsweise auch die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens, allerdings nicht die Verfolgung bestimmter Einzelinteressen staatsbürgerlicher Art sowie rein kommunalpolitische Bestrebungen. So steht auch die unmittelbare oder mittelbare Unterstützung oder Förderung politischer Parteien der Gemeinnützigkeit entgegen.

II. Regelung über die Aufnahme und Ausschluss von Vereinsmitgliedern bei einer bestimmten politischen Überzeugung

Die Vereinigungsfreiheit eines Vereins ist grundgesetzlich über Art. 9 Grundgesetz (GG) geschützt. Der Verein kann also als private Körperschaft entscheiden, wen er aufnimmt und wen nicht und die Mitgliedschaft an bestimmte Kriterien knüpfen oder Angebote nur für Mitglieder des Vereins anbieten.

Eine Ausnahme davon gilt in wenigen Fällen, wenn ein Verein in einem bestimmten sozialen Bereich eine sog. überragende Machtstellung innehat. So gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Stadionverboten gegenüber einzelnen Personen durch einen Verein, dass wenn dieser in „spezifischen Konstellationen“ eine besondere Machtposition ausübt, unmittelbar an die Grundrechte gebunden sein kann und seine Entscheidungen über den Ausschluss einer Person unter Würdigung des Gleichheitssatzes aus Art. 3 GG zu treffen hat (BVerfG, Beschluss vom 11.04.2018 - 1 BvR 3080/09). Ein Verein kann also selten und nur situativ an die Grundrechte gebunden sein, was zur Folge hat, dass die Schwelle für einen Ausschluss höher liegt (NJW 2020, 11, beck-online). Dies ist aber die Ausnahme und nicht die Regel.

Die Aufnahme eines Mitglieds erfolgt durch einen Vertrag zwischen dem Mitglied und dem Verein. Ein Sportverein kann beispielsweise festlegen, dass er Bewerber:innen, die der extremen Rechten angehören, nicht aufnimmt (vgl. SpuRt 2025, 21, beck-online). Das heißt, er kann in seiner Satzung regeln, dass eine solche Gesinnung der Aufnahme in den Verein entgegensteht (siehe Nr. 1.).

Ist ein Mitglied aufgenommen, kann es später ausgeschlossen werden, wenn der Ausschluss durch den Beschluss des zuständigen Organs (Mitgliederversammlung, wenn in der Satzung nichts anderes bestimmt ist) und unter Einhaltung des satzungsgemäßen Verfahrens erfolgt (siehe Nr.2.).

1. Rechtsextremismus als Aufnahmehindernis

Die Satzung regelt unter anderem, wer überhaupt unter welchen Bedingungen Mitglied eines Vereins werden kann. Der Beitrittswillige hat grundsätzlich keinen Aufnahmeanspruch und kann sich gegenüber dem Verein auch nicht auf den Gleichbehandlungsgrundsatz berufen (vgl. MüKoBGB/Leuschner, 10. Aufl. 2025, BGB § 38 Rn. 43-48). Wenn ein Verein sich beispielsweise gegen menschenfeindliche Gesinnungen und gegen Rassismus, Antisemitismus, Trans- und Queerfeindlichkeit usw. engagieren will, kann es sinnvoll sein, die Aufnahme in den Verein an bestimmte Voraussetzungen zu knüpfen, die in der Satzung definiert werden und auch das Verfahren über die Aufnahme zu regeln.

Nach Auffassung von Simon Püschel gilt bei der Ablehnung von Mitgliedern mit rechtsextremer Gesinnung:

„[…][A]uch ohne eine solche Satzungsbestimmung besteht ein erhebliches Interesse an der Ablehnung rechtsextremer Bewerber, insbesondere wenn der Verein seine Tätigkeit auf freiheitlich-demokratische Werte und integrative Bemühungen ausrichtet. Die Verbandsautonomie aus Artikel 9 Absatz 1 GG stützt diesen Befund. Ebenso steht das in Einklang mit den Wertungen aus Artikel 9 Absatz 2 GG und Artikel 21 Absatz 2 GG: In einer wehrhaften Demokratie müssen sich zivilgesellschaftliche Organisationen gegenüber Verfassungsfeinden verschließen dürfen.“
(vgl. SpuRt 2025, 21, beck-online)

Wichtig ist zu unterscheiden: Geht es darum, eine konkrete Person in den Verein aufzunehmen oder abstrakt darum, dass eine bestimmte Gruppe von Personen zukünftig nicht in den Verein aufgenommen werden soll? Wenn letzteres der Fall ist, ist es sinnvoll dies in der Satzung zu regeln und festzulegen, welche Grundlagen für die Vereinsarbeit gelten. Eine Beispielformulierung findet sich unter (2.).

2. Ausschluss von Mitgliedern

Vor dem Hintergrund der Verbandsautonomie erlaubt es das Vereinsrecht bspw. Mitglieder, die der extremen Rechten angehören, auszuschließen. Der Ausschluss erfolgt durch den Beschluss des zuständigen Organs (Mitgliederversammlung, wenn in der Satzung nichts anderes bestimmt ist). Außerdem ist das satzungsgemäße Ausschlussverfahren einzuhalten. Auch eine Anhörung des Betroffenen ist erforderlich. Der Ausschluss bedarf eines Ausschlussgrundes. Ein solcher ergibt sich bestenfalls aus der Satzung. Beispielsweise kann geregelt werden, dass die Mitgliedschaft in einer Organisation der extremen Rechten einen Ausschlussgrund darstellt. Konkret muss immer dargelegt werden, dass die Mitgliedschaft mit den Werten des Vereins unvereinbar ist.

In Betracht kommt daneben die Kündigung der Vereinsmitgliedschaft aus wichtigem Grund i. S. d. § 314 Abs. 1 S. 2 BGB, auch wenn keine Satzungsregelung vorliegt oder ein Ausschluss in Form einer Vereinsstrafe (ZStV 2024, 210, beck-online). Die Betätigung in Organisationen oder Parteien der extremen Rechten kann einen entsprechenden wichtigen Grund darstellen. Es ist jedoch umstritten, ob dies für eine Kündigung ohne entsprechender Satzungsregelung ausreicht (vgl. SpuRt 2025, 21, beck-online).

Empfehlenswert ist es in der Satzung Regelungen zu treffen über gegen die Mitgliedschaft stehende Gründe in der Person und über das Ausschlussverfahren. Folgende Formulierung kann beispielsweise für den Ausschluss von Mitglieder, die der extremen Rechten angehören, oder für die  Aufnahme herangezogen werden:

§ 2 Zweck des Vereins

(1) Grundlage der Vereinsarbeit ist das Bekenntnis aller Mitglieder zur freiheitlich demokratischen Grundordnung und zur unantastbaren Menschenwürde. Die Vereinsarbeit soll im Zeichen von gegenseitiger Wertschätzung, Toleranz und Vielfalt stehen. Der Verein ist parteipolitisch und konfessionell neutral, tritt aber allen extremistischen Bestrebungen entschieden entgegen. Diskriminierung auf Grund rassistischer Zuschreibungen, des Geschlechtes, der sexuellen Ausrichtung oder Identität, der ethnischen Herkunft oder der Religion hat bei uns keinen Platz.

(…)

§ 10 Beendigung der Mitgliedschaft

(…) Ein Ausschlussgrund liegt insbesondere vor, wenn ein Mitglied gegen die in § 2 Abs. 1 dieser Satzung genannten Grundwerte des Vereins verstößt, indem es
1. an extremistischen oder den Grundwerten in erheblichem Maß widersprechenden Veranstaltungen teilnimmt,
2.  eine extremistische Gesinnung durch das Verwenden entsprechender Kennzeichen oder Symbole, insbesondere solcher nach § STGB § 86a Abs. STGB § 86A Absatz 2 StGB, zeigt oder
3. Mitglied oder Unterstützer einer extremistischen Bestrebung ist. Extremistische Bestrebungen sind insbesondere solche, die vom Bundesamt für Verfassungsschutz oder einem Landesamt für Verfassungsschutz als gesichert extremistisch eingestuft sind. [Hier kann noch eine Auflistung von Organisationen folgen.] (…)
(vgl. SpuRt 2025, 21, beck-online)

Die Rechtsprechung hat sich bereits mit unterschiedlichen Fällen des Ausschlusses von NPD-Mitgliedern aus Vereinen beschäftigt. In zwei Fällen regelten die jeweiligen Satzungen den Ausschluss von Mitgliedern aufgrund ihrer Mitgliedschaft oder Betätigung in Organisationen oder Parteien der extremen Rechten. Im Jahr 2013 hat das Landgericht Bremen einen Vereinsausschluss eines hochrangigen NPD-Funktionärs auf Landesebene aus einem Sportverein für wirksam erklärt (LG Bremen, Urteil vom 31. 1. 2013 – 7 O 24/12).  In der Satzung regelte der Sportverein, dass er politisch und religiös neutral sei und in allen seinen Belangen auf der demokratischen Grundlage stehe. Er setze sich laut Satzung für „[D]ie Funktion des Sports als verbindendes Element zwischen Nationalitäten, Kulturen, Religionen und sozialen Schichten […] unabhängig von Geschlecht, Abstammung, Hautfarbe, Herkunft, Glauben, sozialer Stellung oder sexueller Identität“ ein. Ein Ausschluss war möglich, wenn Mitglieder gegen diese Prinzipien verstießen und in Fällen, wo „das Ansehen des Vereins schädigenden Verhalten“ festgestellt wurde oder bei Äußerungen, die sich „gegen die verbindende Wirkung des Sports gerichteten Gesinnung“ richteten (vgl. LG Bremen, Urteil vom 31. 1. 2013 – 7 O 24/12). Die Auslegung orientierte sich hier also insbesondere an den in der Satzung festgelegten Werten des Vereins (ZStV 2024, 210, beck-online).

Das Landgericht Itzehoe entschied 2019 ähnlich (LG Itzehoe, 05.11.2019 - 7 O 104/19). In der Satzung des Vereins war die Mitgliedschaft in der NPD sogar explizit als Beispiel aufgeführt, die einer Mitgliedschaft entgegenstand. Das Urteil wurde sowohl vom Oberlandesgericht Schleswig (OLG Schleswig, 16.12.2020 - 9 U 238/19) als auch vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG, 02.02.2023 - 1 BvR 187/21) bestätigt. Insbesondere mit Blick auf die Einstufung der NPD als verfassungswidrige Partei durch das Bundesverfassungsgericht konnten die jeweiligen Ausschlüsse zweifelsfrei begründet werden.

Für Fälle von Ausschlüssen von AfD-Mitgliedern oder Mitgliedern der mittlerweile aufgelösten Jugendorganisation der AfD aus Vereinen werden gerichtliche Entscheidungen erwartet. Die AfD wurde zunächst vom Bundesverfassungsschutz als sog. Verdachtsfall eingestuft (ZStV 2024, 210, beck-online), bevor am 02.05.2025 bekanntgegeben wurde, dass die gesamte Partei als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft wird. Mittlerweile wurde eine sog. Stillhaltezusage ausgesprochen, das heißt, der Verfassungsschutz wird die Partei vorerst nicht mehr als „gesichert rechtsextremistisch“ behandeln und bezeichnen.

Im März 2025 hat das Landgericht Berlin einen ersten Fall entschieden Das LG Berlin erklärte den Ausschluss von AfD-Mitgliedern durch den von der Mitgliederversammlung des Vereins „FC Bundestag“ gefassten Beschlusses für nichtig. Nach Beschluss des Vereins sollten sich die Vereinsmitgliedschaft und die Parteizugehörigkeit zur AfD ausschließen und unvereinbar seien (LG Berlin, Urteil vom 11.03.2025 - 85 O 64/24). Das Urteil liegt noch nicht im Volltext vor. Was aus der Presse hervorgeht: Das Landgericht Berlin sah in dem Beschluss einen Verstoß gegen die vereinseigene Satzung des FC Bundestags, wonach jedes aktive oder ehemalige Mitglied des Deutschen Bundestags Mitglied des Vereins werden kann. Demnach, so Legal Tribune Online, sei die Unvereinbarkeit nicht per se nichtig, aber die Vereinssatzung müsste geändert werden. Ein einfacher Beschluss reiche für den Ausschluss nicht aus (Legal Tribune Online v. 11.03.2025, abrufbar unter: https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/85o6424-lg-berlin-ii-afd-fc-bundestag). Es bleibt daher abzuwarten, wie die Gerichte in Zukunft entscheiden werden, wenn Vereine in ihren Satzungen eine Unvereinbarkeit mit einer AfD-Mitgliedschaft regeln.