Im ersten Beitrag geben wir zunächst einen kurzen Überblick über das Thema gemeinnütziger Verein (I.) und erläutern anschließend die Relevanz der Frage nach politischer Betätigung (II.)
I. Einführung: Der (gemeinnützige) Verein
Ein Verein ist ein auf Dauer angelegter Zusammenschluss von Personen zur Verwirklichung eines gemeinsamen Zwecks. Der Vereinszweck ist in der Satzung geregelt. Der Verein ist körperschaftlich verfasst, tritt unter einem Gesamtnamen auf und ist auf einen wechselnden Mitgliederbestand angelegt. Organe des Vereins sind jedenfalls der Vorstand (mindestens ein Vorstandsmitglied) und die Mitgliederversammlung. Diese Zusammenfassung bezieht sich auf den eingetragenen Idealverein nach § 21 BGB und den nicht eingetragenen Verein nach § 54 BGB. Der eingetragene Idealverein ist eine juristische Person und somit selbst rechtsfähig. Ein nicht eingetragener Verein ist dagegen eine Personenvereinigung, also eine nicht rechtsfähige Vereinigung, die aus einem Zusammenschluss von Personen besteht. Sowohl der eingetragene als auch der nicht eingetragene Verein können einen gemeinnützigen Zweck verfolgen. Für eine ausführliche Einführung zum Thema Verein, siehe den Beitrag „Verein” auf unserer Internetseite und den von uns in Kooperation mit dem BFDK verfassten Campus-Beitrag über den Verein.
Eine Körperschaft - also auch ein Verein - ist gemeinnützig, wenn sie selbstlos (§ 55 AO), ausschließlich (§ 56 AO) und unmittelbar (§ 57 AO) gemeinnützige Zwecke (§ 52 Abs. 2 AO) verfolgt. Diese Zwecke müssen im Interesse der Allgemeinheit (§ 52 Abs. 1 AO) liegen. Um als gemeinnützig zu gelten, muss ein Verein also einen Satzungszweck haben, der in ein gemeinnütziges Tätigkeitsgebiet fällt. Der Verein muss seine Mittel außerdem für den in der Satzung definierten Zweck verwenden.
II. Was steht auf dem Spiel?
Die Frage der politischen Betätigung wird insbesondere dann relevant, wenn es um die Anerkennung oder den Erhalt der Gemeinnützigkeit geht.
Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit ist für Vereine weit mehr als ein juristisches Detail – sie bildet die Lebensgrundlage ihrer Arbeit. Sie bringt zahlreiche Vorteile mit sich: So profitieren gemeinnützige Vereine von Steuererleichterungen, etwa einer weitestgehenden Befreiung von der Körperschafts- und Gewerbesteuer, im Rahmen des Zweckbetriebes von einem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 Prozent statt 19 Prozent oder in manchen Fällen sogar von einer vollständigen Umsatzsteuerbefreiung. Zudem dürfen sie Spendenquittungen ausstellen, was das Fundraising erleichtert, da Spenden für Privatpersonen und Unternehmen attraktiver werden. Auch der Zugang zu Förderprogrammen hängt oft von der Gemeinnützigkeit ab – viele öffentliche und private Förderungen, einschließlich solcher auf EU-Ebene, setzen diesen Status voraus. Darüber hinaus profitieren Vereine von Vergünstigungen, etwa bei Software-Lizenzen, Postgebühren oder bei einigen Tarifen der GEMA.
In der Vergangenheit gab es zahlreiche prominente Fälle, in denen eine politische Betätigung zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit führte oder dies zumindest diskutiert wurde, etwa bei attac, campact, der VVN oder München bleibt bunt. Dies wirft eine Reihe von praktischen Fragen auf: Darf sich ein Kulturverein in die Tagespolitik einmischen, beispielsweise durch die Teilnahme an einer Demonstration gegen eine bestimmte Partei? Darf er öffentlich Statements abgeben oder Aktionen durchführen, die außerhalb seines Zwecks liegen? Viele gemeinnützige Vereine stehen heute vor einer Herausforderung: Sie wollen gesellschaftlich Position beziehen, sich gegen Diskriminierung, Rassismus oder Rechtsextremismus einsetzen – und gleichzeitig nicht ihre Gemeinnützigkeit riskieren.
Denn die Aberkennung der Gemeinnützigkeit hätte gravierende Folgen: Alle steuerlichen Vorteile würden wegfallen, Spenden könnten nicht mehr steuerlich abgesetzt werden, was die Fundraisingfähigkeit erheblich beeinträchtigt. Besonders riskant ist die mögliche rückwirkende Aberkennung der Gemeinnützigkeit, die zu hohen Nachzahlungen und Zinsen führen kann. Auch Förderungen und Netzwerke, die explizit Gemeinnützigkeit voraussetzen, gingen verloren.
Die Grenzen zwischen gesellschaftlichem Engagement und parteipolitischer Betätigung, die die Gemeinnützigkeit gefährdet, sind eng gezogen. Vereine müssen daher sehr sorgfältig prüfen, wie sie sich politisch äußern und handeln, um ihre Gemeinnützigkeit nicht zu gefährden.
III. Ausblick
In unserem nächsten Beitrag gehen wir deshalb auf folgende Fragen ein:
Welches politische Engagement von gemeinnützigen Körperschaften ist möglich? Was hat es mit dem Kriterium der parteipolitischen Neutralität auf sich?